Bundeswehr Scharfschütze werden: Ausbildung und Auswahlverfahren
Der Weg zum Scharfschützen
Scharfschützen sind Teil der militärischen Elite und müssen sowohl körperliche als auch mentale Anforderungen erfüllen. Die Ausbildung erfordert Disziplin, Eigenständigkeit und Selbstbeherrschung. In ihrer Rolle als Beobachter für den Kommandeur müssen Scharfschützen oft tagelang unter extremen Bedingungen wie Hitze oder Kälte ausharren. Nicht jeder ist für diese Herausforderungen geeignet. Der Weg zum Scharfschützen bei der Bundeswehr ist anspruchsvoll und zehrend. Nur diejenigen, die das Auswahlverfahren meistern, dürfen die tatsächliche Ausbildung beginnen. Die Durchfallrate beträgt 70 Prozent und ist bei Seiteneinsteigern sogar noch höher.
Die Scharfschützenausbildung wird ausschließlich in den Einheiten durchgeführt, die über eigene Scharfschützen verfügen. Mitglieder solcher Einheiten, wie beispielsweise des Fallschirmjägerregiments 31, können sich intern dafür bewerben. Quereinsteiger aus Bereichen wie der Sanität oder der Logistik können sich ebenfalls bewerben, müssen jedoch in ihren aktuellen Einheiten einen Antrag auf Versetzung zu einer scharfschützenführenden Einheit einreichen. Für alle Bewerbenden ist eine abgeschlossene infanteristische Spezialausbildung unerlässlich. Ein länger verbleibender Dienstzeitraum ist von Vorteil, da die Scharfschützenausbildung sehr zeitaufwendig ist. Daher sind die meisten Bewerbenden mindestens SAZ 8.
Die Voraussetzungen und Anforderungen
Um Scharfschütze bei der Bundeswehr zu werden, müssen Bewerberinnen und Bewerber eine Reihe von Voraussetzungen erfüllen und bestimmte Anforderungen meistern. Neben einer bereits abgeschlossene infanteristische Spezialgrundausbildung müssen die Kandidaten körperlich und geistig in der Lage sein, unter extremen Bedingungen zu arbeiten, oft über längere Zeiträume hinweg. Gesucht wird vor allem der ruhige, zuverlässige Soldat, der seinen Job macht. Egoisten und Rambotypen sind dagegen nicht gefragt.
Vom Mannschafter bis zum Unteroffizier können sich alle Soldatinnen und Soldaten aus der Truppe heraus bewerben, freie Stellen gibt es vor allem im Bereich der Mannschaften. Alle Kandidatinnen und Kandidaten müssen körperlich fit sein, dürfen sich durch Rückschläge nicht leicht entmutigen lassen und müssen von ihrer Persönlichkeit her passen. Das Arbeiten im Team ist essenziell, da Scharfschützen stets in Gruppen agieren. Das Alter ist dabei nebensächlich: Selbst 40-Jährige können ausgewählt werden, solange sie den geforderte Leistung bringen.
Das Auswahlverfahren der Scharfschützen
Das Auswahlverfahren für Scharfschützen der Bundeswehr ist anspruchsvoll und intensiv, um sicherzustellen, dass nur die am besten geeigneten Soldaten für diese spezielle Aufgabe ausgewählt werden. Wer es durchläuft und besteht, qualifiziert sich für die Ausbildung; Allerdings liegt die Ausfallquote bei 70 Prozent, und Quereinsteiger haben eine noch höhere Quote. Ein entscheidendes Kriterium ist die körperliche Leistungsfähigkeit. Schon beim Eingangstest wird ein 7.000-Meter-Lauf mit 20 Kilo in unter 52 Minuten verlangt, und im gesamten Auswahlverfahren wird eine Marschleistung von rund 85 Kilometern erwartet. Daher empfehlen die Ausbilder, sich mindestens acht bis zehn Wochen körperlich vorzubereiten und die letzten zwei Wochen vor dem Auswahlverfahren eine Trainingspause einzulegen. Auch infanteristische Grundfähigkeiten, wie die Bewegung im Gelände, sind von großer Bedeutung.
4 Tage körperliche Belastung und erhöhtes Stresslevel
Das Auswahlverfahren für Scharfschützen basiert darauf, die Fähigkeit der Bewerberinnen und Bewerber zu testen, ihre Aufgaben auch unter extremen körperlichen Belastungen zu erfüllen. Am ersten Tag werden sie durch Sportprüfungen, einschließlich Hindernisbahn und Orientierungsmarsch, herausgefordert, wobei der Stress durch Maßnahmen wie Nahrungs- und Schlafentzug gesteigert wird. Während des viertägigen Auswahlverfahrens lernen die Anwärterinnen und Anwärter verschiedene Inhalte und werden mehrfach darauf geprüft. Die Ausbilder suchen nach einem sichtbaren Lernerfolg, kognitiven Fähigkeiten und einer Neigung zu Scharfschützenthemen wie Tarnung, Beobachtung, Konzentrations- und Erinnerungsfähigkeiten. Eigenständiges Arbeiten in kleinen Teams wird ebenfalls erwartet.
Scharfschützen agieren meist im Verborgenen und arbeiten im Team abseits der eigenen Einheiten. Ihre spezielle Ausbildung bereitete sie auf diese einzigartigen Herausforderungen vor. Allerdings ist nicht jeder für diese spezielle Ausbildung geeignet.
Die Ausbildung zum Scharfschützen
Die Ausbildung zum Scharfschützen erstreckt sich über einen Zeitraum von etwa zwölf Wochen. Während der ersten zehn Wochen werden den Soldaten alle erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt. Anschließend folgte eine fünfwöchige Vertiefungsphase in Hammelburg, in der die militärischen Kompetenzen weiter intensiviert werden. Erst nach erfolgreicher Abschlussprüfung dürfen sich die Soldaten als Scharfschützen bezeichnen.
Die Dienstpostenausbildung
Wenn Anwärter das Auswahlverfahren meistern, qualifizieren sie sich für die sechswöchige Vorbereitungsausbildung der Scharfschützen, die innerhalb ihrer jeweiligen Einheit stattfindet. Diese Phase bereitete die Scharfschützenanwärter auf den folgenden spezialisierten Lehrgang vor. Bei diesem Lehrgang wird bereits ein hohes Können erwartet, weshalb es eher als eine Überprüfung des Könnens und nicht des Lernens betrachtet wird. Während die Dienstpostenausbildung innerhalb der eigenen Truppe stattfindet, wird der spezielle Scharfschützenkurs zentral an der Infanterieschule in Hammelburg durchgeführt.
Der Scharfschützenlehrgang
Der Scharfschützenlehrgang behandelt zentrale Themen wie Schießtechniken, Beobachtung, Distanzabschätzung und Annäherungstaktiken. Der Inhalt, der zuvor in der Dienstpostenausbildung behandelt wurde, steht hier im Fokus. Jeder Scharfschütze der Bundeswehr muss diesen fünfwöchigen Basislehrgang in Hammelburg durchlaufen und erfolgreich abschließen. Während dieses Kurses stehen vor allem Einzeltests im Vordergrund. Nach Abschluss kehren die frisch geprüften Scharfschützen zu ihren jeweiligen Einheiten zurück.
Die Ausbildung im Truppenrahmen
Die vertiefende Ausbildung der Scharfschützen erfolgt innerhalb ihrer Einheiten, wie z. B. im Fallschirmjägerregiment oder im Panzergrenadierlehrbataillon 92. Dort erlernen sie fachübergreifendes Arbeiten: Teamarbeit, Infiltrations- und Exfiltrationstaktiken, besonders bei Nacht, sowie Einsätze fernab der Haupttruppe, um einen umfassenden Überblick zu gewährleisten.
Ein Scharfschütze wird in der Handhabung aller Handfeuerwaffen der Bundeswehr geschult. Einige Einheiten bieten auch Schulungen für ausländische Waffen an, insbesondere für die AK-47. Fortgeschrittene Schießtechniken umfassen schnelles Feuern, improvisierte Schussabgaben und Langstreckenschüsse. Hinzu kommen spezielle Trainings wie Stadtkämpfe, Bergkämpfe und in manchen Fällen auch Skitraining, um sicherzustellen, dass die Scharfschützen in jedem Umfeld operieren können.
Ein ständiger Austausch findet sowohl innerhalb der Bundeswehr als auch auf internationaler Ebene statt, einschließlich Wettkämpfen, Kooperationen mit anderen Streitkräften und Zusammenarbeit mit Polizeischarfschützen und Spezialeinheiten. Nach etwa zwei Jahren intensiver Ausbildung sind Scharfschützen einsatzbereit.
Das Scharfschützenabzeichen der Bundeswehr
Das Scharfschützenabzeichen der Bundeswehr ist eine besondere Auszeichnung für Soldaten, die in der Rolle des Scharfschützen ausgebildet und qualifiziert wurden. Das Abzeichen in den Stufen gold, silber oder bronze zeigt einen gekreuzten Säbel und ein Fernrohr, die auf einen Lorbeerkranz gelegt sind. Die Darstellung kann je nach Dienstgrad und Funktion des Trägers variieren.
Um das Scharfschützenabzeichen der Bundeswehr zu erhalten, müssen bestimmte fachliche Voraussetzungen und Dienstposten erfüllt sein, die in den Organisationsgrundlagen unter den Bezeichnungen „Scharfschütze“ und „Präzisionsschütze Feldjägerwesen Bundeswehr“ gelistet sind.
- Stufe I (Bronze): Verleihung nach erfolgreichem Beenden des Lehrgangs Scharfschütze G22.
- Stufe II (Silber): Nach drei Jahren in einer relevanten Position als Scharfschütze oder Präzisionsschütze und nach Absolvierung des Lehrgangs Scharfschützentruppführer G22.
- Stufe III (Gold): Nach sechs Jahren in der genannten Fachposition und nach erfolgreichem Abschluss des Scharfschützentruppführers G22 Lehrgangs.
So kämpfen Scharfschützen der Bundeswehr
Scharfschützen kämpfen immer in Teams und setzen auf das Schütze-Spotter-Duo. Während sich die Schützen primär auf das Zielen und Schießen konzentrieren, übernimmt der Spotter, oft der erfahrenere der beiden, die Analyse von Lage, Umgebung und Wetterbedingungen, um das Vorgehen festzulegen. Es heißt, dass, obwohl der Schütze den Abzug betätigt, tatsächlich der Spotter das Ziel trifft. In städtischen Gebieten ergänzt oft ein dritter Scharfschütze, der „Sicherer“, das Team, um die beiden Hauptakteure zu schützen, während sie weit entfernte Ziele ins Visier nehmen.
72 Stunden im Feindgebiet
Scharfschützenteams der Bundeswehr können bis zu drei Tage auf sich allein gestellt in feindlichem Gebiet agieren. Um sich optimal zu tarnen, tragen Sie den Ghillie-Anzug, einen speziellen Tarnanzug. Die Tarnung im Gelände ist wesentlich, sodass sie unbemerkt ihren Auftrag erfüllen können. Der Tarnanzug wird mit natürlichen Elementen wie Flechten und Blättern aus der Umgebung ergänzt. Generell besteht die Tarnung eines Scharfschützen zu 70 Prozent aus natürlichen Materialien und zu 30 Prozent aus künstlicher Tarnung. Der Ghillie-Anzug dient als Grundlage, die dann an die jeweilige Umgebung angepasst wird.
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