Das Auswahlverfahren für den Fliegerischen Dienst der Bundeswehr
Die drei Phasen im Auswahlverfahren
Das Auswahlverfahren „Fliegerischer Dienst“ ist in mehreren Abschnitten aufgeteilt und unterliegt einer hohen Prüfungsstandardisierung. Hierdurch soll erreicht werden, dass nur solche Bewerberinnen und Bewerber in die nächste Auswahlstufe kommen, die möglichst hohe Erfolgschancen haben. Um als Pilotin oder Pilot bei der Bundeswehr eingestellt werden zu können, müssen die Bewerberinnen und Bewerber insgesamt drei Phasen im Auswahlverfahren erfolgreich durchlaufen.
Die erste Phase ist das erfolgreiche Bestehen des Einstellungstests für Offiziersanwärterinnen und Offiziersanwärter im Assessmentcenter für Führungskräfte der Bundeswehr in Köln. Erst dann schließt sich Phase zwei des Auswahlverfahrens an, welche in Fürstenfeldbruck am Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin stattfindet und aus einem psychologischen und einem medizinischen Test besteht. In Phase drei müssen die fliegerischen Fähigkeiten anhand von Trainingsflügen am Flugsimulator unter Beweis gestellt werden.
Phase 1: Einstellungstest für Offizieranwärter/-innen
In Phase eins geht es zunächst um grundlegende Fähigkeiten und Fertigkeiten, die für eine militärische Verwendungen von Bedeutung sind. Im Mittelpunkt steht die allgemeine soldatische Eignung zum Offizier, die am Assessmentcenter für Führungskräfte der Bundeswehr in Köln festgestellt wird. Denn Pilotin oder Pilot bei der Bundeswehr kann nur werden, wer alle Pflichten und Aufgaben eines Offiziers vorbildlich wahrnimmt und zusätzlich zur Luftfahrzeugführerin oder zum Luftfahrzeugführer geeignet ist.
Neben der allgemeinen Intelligenz werden hier rechnerische und verbale Fähigkeiten erfasst. In Gruppendiskussionen und einem Eingangsinterview werden Gewissenhaftigkeit, Führungsfähigkeit, Planungs- und Organisationsgeschick sowie Leistungsbereitschaft geprüft. Die Bewerberinnen und Bewerber müssen außerdem zeigen, dass sie sich gut konzentrieren können, ein gutes räumlich-dynamisches Vorstellungsvermögen besitzen und über Verständnis im physikalisch-technischen Bereich verfügen.
Tipps für die Vorbereitung
- Mit den beruflichen Zielen bei der Bundeswehr auseinandersetzen
- Eine gute körperliche Fitness antrainieren
- Diverse Apps („Neuronation“, „Gehirnjogging“)
- Testtrainer für schriftliches und psychologisches Auswahlverfahren
- Sprechübungen (Rhetorik)
Die Schwierigkeit des Einstellungstests in die Laufbahn der Offiziere besteht nicht primär in den einzelnen Aufgaben, sondern in den zeitlichen Vorgaben der jeweiligen Aufgabenblöcke, was die Teilnehmer zusätzlich unter eine Stresssituation stellt. Daher wird eine optimale Vorbereitung dringendst empfohlen; beispielsweise mit den Online-Testtrainern für die Offizierslaufbahn und das fliegerische Auswahlverfahren.
Phase 2: Fliegerische Grundfähigkeiten
In Phase zwei werden gezielt die fliegerischen Grundfähigkeiten der Bewerberinnen und Bewerber überprüft. Dies erfolgt zunächst am Flugmedizinischen Institut in Fürstenfeldbruck (wird voraussichtlich Ende 2022 nach Köln umziehen), wo die Bewerbenden fünf Tage flugpsychologischen Tests und einer medizinischen Untersuchung unterzogen werden. Zum psychologischen Test gehören unter anderem die Koordination von Augen, Händen und Füßen und die Mehrfachbelastung im Hinblick auf eine Aufmerksamkeitsverteilung. Alle Pilotentests der Bundeswehr werden am Computer durchgeführt, was eine flexible Aufgabengestaltung ermöglicht. Ist dieser Teil geschafft, steht in den nächsten zwei bis drei Tage die medizinische Untersuchung an. Hier wird von Ärzten untersucht, ob die körperliche Belastung für das Fliegen gegeben ist.
Wurde der Einstellungstest in Phase zwei erfolgreich durchlaufen, müssen sich die Bewerberinnen und Bewerber zunächst entscheiden, ob sie lieber Hubschrauberpilot oder Flugzeugpilot werden möchten. Denn ja nachdem welche Option man wählt, gibt es zwei unterschiedliche dritte Phasen, die etwa zwei bis drei Monate anschließend in Bückeburg oder Fürstenfeldbruck stattfinden. Frauen und Männer, die Hubschrauber fliegen möchten, werden in Bückeburg geprüft. Für Flächenflugzeuge findet Phase drei in Fürstenfeldbruck statt. Die Bewerbenden erhalten dann eine Lernunterlage zugeschickt, die zu Hause erarbeitet werden muss, um für Phase drei gut vorbereitet zu sein.
Am ersten Tag der Phase drei erhält jede Bewerberin und jeder Bewerber schließlich eine weitere Lernunterlage (Avionik, Cockpitfunktionen etc.), die ebenfalls erarbeitet werden muss.
Phase 3: Trainingsflüge am Flugsimulator
Den Schwerpunkt von Phase drei beinhalten operationelle Fähigkeiten. Anforderungen an Einsätze und die Ausbildung spielen hier für den Hintergrund der Gestaltung des Profils eine entscheidende Rolle. Bewerberinnen und Bewerber in dieser Phase sind grundsätzlich für militärische Führungsaufgaben geeignet und besitzen die notwendigen psychomotorischen Voraussetzungen für eine fliegerische Ausbildung. In Phase drei müssen sie nun anhand von Trainingsflügen am Flugsimulator beweisen, dass sie diese Fähigkeiten auch umsetzen können. Die einzelnen Flugaufträge (sechs Missionen) können die Bewerberinnen und Bewerber in der Vorbereitung gemeinsam erarbeiten – das fördert den Gruppenzusammenhalt und erleichtert das Lernen komplexer Inhalte.
Der Test am Flugsimulator
In der Phase drei lernen die Bewerberinnen und Bewerber in einer ersten Mission, ein Flugzeug bzw. einen Hubschrauber im Flugsimulator zu steuern; in der zweiten Mission dann bereits verschiedene Anflugverfahren. Dabei sind vor allem räumliche Orientierung und zeitliche Koordination gefragt. Mission drei ist schließlich ein kompletter Flugauftrag, bei dem verschiedene Rettungs-Aufträge durchgeführt werden müssen. Denn Notlagen oder brenzliche Einsätze erfordern eine schnelle Entschluss- und Handlungsentschiedenheit. Voraussetzungen dafür sind eine hohe Aufmerksamkeit und die Fähigkeit zur Mehrfachbelastung. In Mission vier wird der Rettungs-Auftrag dann wiederholt. Dabei wird darauf geschaut, ob die Bewerberin und der Bewerber aus den Erfahrungen gelernt hat und die Hinweise von Fluglehrern richtig umsetzen kann.
Mission fünf und sechs beinhalten rein militärische Aufträge mit verschiedenen Teilkomponenten: Aufklären, SAR-Mission, feindliche Stellungen beschießen und abschließender sicherer Landung. Zwei Bewerberinnen oder Bewerber müssen zusammen eine taktisch-fliegerische Aufgabe bearbeiten und diese in einem Zeitfenster erledigen. In dieser Mission sind vor allem räumliches Orientierungsvermögen, rasche Reaktionsfähigkeit, solides Hintergrundwissen, Zeitmanagement sowie Risikobereitschaft und Kooperationsfähigkeit gefordert. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei auch die Überprüfung der Selbstorganisation und der Teamfähigkeit.
Hohe Anforderungen an die Bewerber
Neben den einzelnen Missionen müssen die Bewerberinnen und Bewerber zudem Referate halten, an Interviews teilnehmen und im Unterricht zeigen, dass sie die Lerninhalte erarbeitet haben und auf andere Situationen übertragen können. Wer die Phase drei erfolgreich abschließt, erfüllt somit alle flugpsychologischen Voraussetzungen, um in die Laufbahn des Fliegerischen Dienstes eingestellt werden zu können, sowie die kommunikativen und sozialen Fähigkeiten, um kompetent im Team arbeiten zu können. Nur wenn intellektuelle, psychomotorische und charakterliche Eigenschaften gegeben sind, zeigt sich, wer einmal geeignet sein wird, ein Flugzeug oder einen Hubschrauber zu steuern.
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